Unsere FRAGEN AN Die Abgeordneten des Kreistages Friesland und der Landtagsabgeordneten aus friesland und der wesermarsch
DIESE FASSUNG IST LEICHT GEKÜRZT. DEN LINK ZUM VOLLSTÄNDIGEN SCHREIBEN MIT QUELLENANGABEN FINDEN SIE ALS PDF-DOKUMENT AM SEITENENDE
Das Krankenhaus in Varel steht vor der Schließung. Damit entfällt die Sicherung der geburtshilflichen Versorgung der Frauen. Der Landrat hatte ein Gutachten bei einem Beratungsunternehmen in Auftrag gegeben. Ermittelt wurden zwei Kostenszenarien, die Gutachter empfehlen die Schließung. Nun hat sich ein Bündnis für das Krankenhaus Varel gegründet. Dort haben sich politische und gesellschaftliche Akteur:innen zusammengeschlossen, die sich über Stadt-, Landkreis-, Partei- und Konfessionsgrenzen hinweg für die dauerhafte Sicherung des in der Bevölkerung beliebten St. Johannes-Hospitals positionieren (https://www.krankenhausvarel.de/). Gestartet ist eine Petition: „Rettet das St. Johannes-Hospital Varel–Für eine sichere, wohnortnahe Gesundheitsversorgung“ unter https://chng.it/bm7bNFV5kD
mit mittlerweile über 15.000 Unterschriften.
Am 2. Juli wird der Kreistag darüber entscheiden. Wir setzen uns im Bündnis für das Krankenhaus Varel dafür ein, dass Frauen in Friesland und Wesermarsch eine wohnortnahe Geburtshilfe erreichen können. Es gilt, den Klinikstandort Varel zu stärken! Die ersatzlose Schließung der Gynäkologie und Geburtsheilkunde am Standort Varel, wie sie im Gutachten zur Zukunft der Klinikstandorte in Friesland und Wilhelmshaven vorgeschlagen wird, bedeutet eine dramatische Verschlechterung der Gesundheitsversorgung für Frauen. Die Schließung des ambulanten OP-Zentrums und der Facharztpraxen im MVZ würde gewachsene Gesundheitsstrukturen zerstören. Das St. Johannes-Hospital und seine Beschäftigten haben sich über Jahre einen exzellenten Ruf erarbeitet, der weit über die Stadt- und Kreisgrenzen hinausgeht. Diese Fachkompetenz und auch das Vertrauen der Patient:innen und ihrer Familien in diese Klinik darf nicht aufs Spiel gesetzt werden. Die Entscheidungen, die Friesland-Kliniken strukturell zu verändern, haben insbesondere am Standort Varel bereits schwerwiegende Schäden hinterlassen. Die Schließung der Abteilung für innere Medizin, die Verlagerung der Onkologie und nicht zuletzt die Schließung der Notaufnahme bedeuten eine deutlich schlechtere Gesundheitsversorgung für den
gesamten Süden des Landkreises Friesland.
Die Schließung der Gynäkologie, der Geburtenstation sowie des ambulanten OP-Zentrums und des MVZ würde Varel als Klinikstandort endgültig von der Landkarte tilgen.
Neben den Auswirkungen auf die Patient:innen und ihre Familien hätte das auch Folgen für die Beschäftigten der Friesland-Kliniken am Standort Varel sowie für sämtliche Betriebe aus den Bereichen Zulieferung und Dienstleistung, die mit dem St. Johannes-Hospital zusammenarbeiten. Der Hebammenverband Niedersachsen e.V. gibt zu bedenken: „Aus der Erfahrung der Kreißsaalschließungen anderer Orte wissen wir, dass das Personal nicht an den neu angedachten Klinikstandort zieht.“ Die verbleibenden Kreißsäle sehen sich aufgrund der resultierenden akut steigenden Geburtenzahl mit räumlichen und personellen Kapazitätsengpässen konfrontiert.
Die ohnehin bestehende Überlastung führt zu einem noch schlechteren Betreuungsschlüssel. Drei oder mehr Gebärende müssen sich eine Hebamme teilen.
Wieder bewahrheitet sich die Aussage Frauen zahlen den Preis.
Das ist die Aussage der Petition des Deutschen Hebammenverbandes für eine bessere Geburtshilfe, welche am 7.5. mit über 210.000 Unterschriften abgeschlossen wurde. Diese gilt auch für die Vareler Frauen. Mit der angedachten Schließung des Kreißsaales in Varel wird es für die werdenden Eltern schwer, einen anderen Kreißsaal in einer angemessenen Zeit zu erreichen. Es ist schon nicht verständlich, warum der G-BA abweichend von den 30 Minuten für andere Fachbereiche für das Erreichen eines Kreißsaals 40 Minuten vorgibt, ebenso legt es das vom Bund verabschiedete Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) fest. Die Landesregierung in Niedersachsen hat diese willkürlich auf 45 Minuten erhöht. Der G-BA sieht eine Gefährdung der flächendeckenden Versorgung, wenn die nächstgelegene
Geburtshilfe mehr als 40 Minuten entfernt ist.
Der Bedarf für eine gut aufgestellte Geburtshilfe - bei der auch Hebammenpraxen, Geburtshäuser, Medizinische Zentren und die niedergelassenen Ärzt:innen und freiberuflichen Hebammen in lokalen, sogenannten „sektorenübergreifenden“ Versorgungsnetzwerken mitgedacht und zusammengebracht werden – ist höher. Die Erreichbarkeit geburtshilflicher Kliniken mit der Angabe von 45 Minuten Anfahrt ist zu weit gefasst und bedeutet, dass Frauen und ihre ungeborenen Kinder Gefahren ausgesetzt werden. Die Zahlen der Rettungswageneinsätze zum Schwangerentransport und auch die ungeplanten außerklinischen Geburten ("Auto-, Rettungswagengeburten") würden in der Folge zunehmen. Gerade Frauen, die ihr zweites oder drittes Kind erwarten, werden die Klinik womöglich nicht mehr vor der Geburt erreichen. Dabei beurteilen die Notfallsanitäter:innen ihr Wissen über ungeplante außerklinische Geburten sowie deren Durchführung als mittelmäßig gut und begegnen diesen mit großem Respekt. Demnach kann neben der möglichen Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit der Notfallsanitäter:innen auch keine ausreichende Versorgungsqualität für Mutter und Kind sichergestellt werden. Die Familien sind auf ihrer Fahrt zum Kreißsaal in der Regel ohne fachliche Begleitung auf sich allein gestellt. Es besteht die Gefahr, dass Abweichungen vom normalen Geburtsverlauf nicht oder zu spät erkannt werden und in Notfällen zu spät reagiert werden kann. Aufgrund der verzögerten medizinischen Hilfe wären die Familien auf dem Weg bei plötzlichen Notfällen wie Schulterdystokie, Uterusruptur oder schwerer Blutung machtlos. Schwangere mit langen Anfahrtswegen sind Stress und Angst ausgesetzt, können sich nicht frei bewegen, der: die Fahrer:in hat es ebenfalls schwer, sich auf den Verkehr zu konzentrieren und sicher zu fahren. Diese Extremsituation könnte Auswirkungen auch auf psychischer Ebene haben, was die Eltern-Kind-Bindung betrifft. Darüber hinaus ist durch lange Anfahrtswege davon auszugehen, dass Schwangere zur Geburt vermehrt zu früh in den Kliniken aufgenommen werden, mit negativen Folgen für Mutter und Kind: „Frauen, die bereits im sehr frühen Stadium der Geburt [sog. Latenzphase] in ein Krankenhaus eingeliefert werden, erleben häufiger Komplikationen und Interventionen, einschließlich eines Kaiserschnitts.“ Diese möglichen Ergebnisse ziehen immense Folgekosten im Gesundheitssystem nach sich.
Die Wahlfreiheit des Geburtsortes ist ein Grundrecht der Schwangeren (§ 24f SGB V) – diese ist durch die Zentralisierung nicht mehr gegeben. Geburtshäuser und Hausgeburten fallen zudem als Wahlmöglichkeit weg: Bei einem zu weiten Weg in den nächsten Kreißsaal liegt ein Organisationsverschulden der Hebamme bei einer außerklinischen Geburt vor, wenn die Gebärende verlegt werden müsste. Mit der Schließung eines Kreißsaals wird auch die Möglichkeit der außerklinischen Geburtshilfe genommen.
In dieser Situation befindlich, haben wir folgende Fragen an Sie:
1. Wie stellen Sie sicher, dass die geplante Schließung der Geburtshilfe und Gynäkologie in Varel nicht zu einer Verschlechterung der Familienfreundlichkeit und medizinischen Versorgung für Frauen und Kinder in der Region führt?
2. Wie wollen Sie verhindern, dass Varel als Wohn- und Arbeitsstandort für junge Familien und medizinisches Fachpersonal unattraktiver wird, wenn versorgungsrelevante Angebote wie Geburtshilfe und Gynäkologie wegfallen?
3. Wie rechtfertigen Sie, dass die medizinische Versorgung – insbesondere für Frauen und Familien – die in Varel als Gesundheitsstandort für den Landkreis Friesland und den Landkreis Wesermarsch eine zentrale Rolle spielt, deutlich schlechter wird, während in Großstädten weiterhin wohnortnahe Angebote bestehen?
4. Wie stellen Sie sicher, dass Schwangere und ihre (ungeborenen) Kinder in Varel durch die Schließung der Geburtshilfe nicht einem erhöhten gesundheitlichen Risiko ausgesetzt werden, insbesondere angesichts der Tatsache, dass natürliche Geburten und Notfälle nicht planbar sind und schnelle medizinische Versorgung entscheidend sein kann?
5. Die Planung für einen neuen gemeinsamen Standort der Kliniken Varel und Wilhelmshaven in ferner Zukunft wird anvisiert. Wie stellen Sie sicher, dass die 678 Geburten pro Jahr des Standorts Varel in den nächsten 10 Jahren in gleichbleibender Versorgungsqualität und wohnortnah betreut werden? Das betrifft demnach knapp 7000 Geburten.
Im Zuge des anstehenden Umstrukturierungsprozesses fordern wir die Entscheidungsträger:innen auf allen politischen Ebenen dazu auf, den Klinikstandort Varel dauerhaft zu sichern:
o Die Abteilungen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe werden am Standort
erhalten und weiter ausgebaut.
o Sowohl das ambulante OP-Zentrum als auch die Facharztpraxen im MVZ bleiben erhalten.
o Die Möglichkeit einer Erweiterung der stationären Versorgung des St. Johannes-Hospitals um eine Kinderklinik und um ein Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ) soll geprüft werden.
Diese Maßnahmen bündeln die medizinischen Leistungen, insbesondere für Mütter und Kinder. Die Ergänzung der Gynäkologie und Geburtshilfe um die Kinderklinik und ein neues SPZ ermöglichen eine ganzheitliche und interdisziplinäre Zusammenarbeit der medizinischen Abteilungen zum Wohle der kleinen und großen Patienten.
Die Geburtshilfe des St. Johannes-Hospitals ist dem TeleStorch des Klinikum Oldenburg angeschlossen. Durch modernste Technologie und Echtzeit-Datenübertragung wird schnell und unkompliziert rund um die Uhr auf eine virtuelle pädiatrische Expertise verfügbar. Der direkte Kontakt zwischen Behandlungsteam im Kreißsaal vor Ort und unseren Kinderärzt:innen in Oldenburg wird beim TeleStorch mittels Videoübertragung und Vitaldatentransfer hergestellt. So können umgehend notwendige Schritte zur Optimierung der Versorgung des Neugeborenen empfohlen werden.
Wir bitten um eine Beantwortung innerhalb von 14 Tagen. Die Antworten werden wir auf unserer Homepage veröffentlichen.